Quirlige Nostalgie
(27.10.2019) Letzthin klang ein auffälliges Geräusch durch das Rheintal vor dem Haus, reflektiert von den umgebenden Anhöhen. Ein Hubschrauber flog eine ganze Zeit lang scheinbar ziellos hin und her, bis schließlich das Schrapp-Schrapp in mein Bewusstsein drang und ein nostalgisches Gefühl aus meinem Unbewussten lockte. Als ich nachforschte, erfuhr ich den Grund dieser leichten Schwermut. Die Technologie, die sich mir noch einmal vorgeführt hat, ist ein wahrer Anachronismus der heutigen Zeit und wird wohl bald verschwinden.
Helikopter haben sich die letzten 50 Jahre kaum verändert, was mich erstaunt, denn die über hundert Jahre alte Technik* ist unnötig kompliziert und anfällig, um erst mal nur die schlimmsten Nachteile zu schildern. Eine Taumelscheibe verstellt die Rotorblätter permanent während der gesamten Umdrehung, damit das Ungetüm überhaupt gesteuert werden kann. Der Drehimpuls wird in der Regel durch einen vertikalen Kleinpropeller am Heck kompensiert, der in schwierigen Landesituationen auch mal Baumäste und Sträucher zerhackt. Die notwendigerweise hochelastischen und stark beanspruchten Rotorblätter sind viel zu lang und dabei auch noch zu laut. Während die Spitzen knapp unter der Schallgeschwindigkeit operieren, tragen die inneren Bereiche nur wenig zum Auftrieb bei. Dieser Oldtimer der Lüfte wirkt auf mich wie eine dicke Hummel, die zwar viel Geräusch verursacht, dabei nur langsam vom Fleck kommt. Horrende Wartungskosten verteuern den Betrieb eines Hubschraubers dramatisch.
Inspiriert durch diese veraltete Technologie habe ich einen Grundentwurf erstellt, der all diese Nachteile wirksam behebt, ohne die vielen Vorteile zu beschneiden. Hätte ich gerade noch ein weiteres Leben, ich würde ernsthaft erwägen, eine zeitgemäße Flugschrauber-Technologie zur Marktreife zu entwickeln. Der technologische Sprung wäre erheblich höher, als bei den derzeit verfolgten Ansätzen von Elektroautos.
Zeitgemäße Luftschrauber hätten in etwa gleiche Reichweite und würden bestehende Infrastruktur nützen, wären kompakter, sicherer, wartungsarm und dabei noch sehr viel leiser.
Wobei der Lärm vielleicht nicht entscheidend ist. Sportwagen werden manchmal genau deswegen gekauft: weil sie eindrucksvoll laut sind. Für mich ist das oft nur ein schrilles, weibisches Kreischen, manchmal von metallenem Scheppern begleitet, das bei neueren Sportwagen, dank Geräuschdesign, innen wesentlich eindrucksvoller ist, als außen.
Auch diese Sportwagen, wie alle explosionsgetriebenen Vehikel, stimulieren meine nostalgischen Gefühle, da auch sie bald von der Straße verschwinden werden. Stattdessen müssen wohl künstlich erzeugte "Fahrgeräusche" zuküftig unachtsame Passanten warnen, um den Blutzoll der neuen Technologie zu senken.
Groteske Welt.
*1916: Der Däne Jakob C. Ellehammer baut die "zyklische Blattverstellung" (später: Taumelscheibe).